01. August 2019: Die Bloggerin Marie Sophie Hingst ist nun beerdigt worden.
Von Lea Rosh, Vorsitzende Förderkreis „Denkmal für die ermordeten Juden Europas e.V.“
Sophie war für mich eine Schwester, eine Tochter, eine Enkelin, eine Freundin – alles zusammen und unersetzlich. Der Schmerz über ihren Tod wird mich mein Leben lang begleiten.
Wir haben sie am Mittwoch zu Grabe getragen. In einem wunderbaren Sarg gestiftet von der Firma INTEL, für die sie zuletzt in Dublin gearbeitet hatte. INTEL hatte ihr nicht gekündigt unter der Bedingung, dass sie sich wöchentlich einer psychiatrischen Behandlung unterziehen müsse. Sophie hatte zugestimmt. Das hat sie aber nicht von ihrem Selbstmord abhalten können. Ihr Herz und ihre Seele haben den shitstorm, der über sie nach dem SPIEGEL-Artikel hereingebrochen war, nicht ertragen können.Wir haben sie gemeinsam mit ihren Eltern, ihrem Onkel, mit Freundinnen und Kollegen zu Grabe getragen. In kleinstem Kreis, wie ihre Mutter es sich gewünscht hatte.
Mit uns war Derek Scally von der Irish Times, den Sophies Eltern ausdrücklich eingeladen hatten. Scally, der sich ein Bild gemacht hatte von Sophies hochkritischem psychischen Zustand, veröffentlichte seinen fertigen Artikel nicht. Stattdessen verfasste er nach ihrem Tod einen neuen Artikel, der nichts ausließ, aber vieles eben in ihren labilen Krankheitszustand einordnete. Das ist guter und verantwortungsvoller Journalismus. Das Gegenteil von dem, was der Autor des SPIEGEL-ArtikelsMartin Doerry gemacht hatte: obwohl die Mutter ihn im Telefonat vorher explizit darauf hinwies, erwähnte er Sophies Krankheit mit keinem Wort. Das hätte seine Geschichte von der Hochstaplerin, der Lügnerin und quasi-Verbrecherin schließlich kaputt gemacht. So war sie rund und gelungen, eine richtige SPIEGEL-Geschichte eben.