Die Entstehung des Denkmals
Eine Chronologie
Im August 1988 schlägt die Publizistin Lea Rosh auf einer Podiumsdiskussion vor, auf dem ehemaligen Gestapo-Gelände in Berlin-Kreuzberg ein »Mahnmal als sichtbares Bekenntnis zur Tat« zu errichten. Im Januar 1989 veröffentlicht Lea Rosh zusammen mit dem Historiker Eberhard Jäckel den ersten Aufruf der Bürgerinitiative »Perspektive Berlin« für die Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas. Willy Brandt unterschrieb als Erster den Aufruf für das Denkmal.
Nach dem Fall der Mauer schlägt der aus der Bürgerinitiative hervorgegangene »Förderkreis zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas« als neuen Standort ein Gelände nördlich der früheren Reichskanzlei in den ehemaligen Ministergärten vor.
Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl unterstützt die Initiative zur Errichtung eines Denkmals und erklärt sich bereit, dafür eine Teilfläche des Geländes der ehemaligen Ministergärten zur Verfügung zu stellen.
Bei einem von der Berliner Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen ausgelobten offenen künstlerischen Wettbewerb für das Denkmal werden 528 Arbeiten eingereicht. Nach Prüfung aller Arbeiten empfiehlt die Jury unter Vorsitz von Walter Jens die Vergabe von zwei ersten Preisen an Christine Jackob-Marks und Hella Rolfes, Hans Scheib und Reinhard Stangl (Berlin) und an Simon Ungers (Köln/New York)..
Bundeskanzler Helmut Kohl spricht sich gegen die Empfehlung der Auslober zur Realisierung der Arbeit von Jackob-Marks, Rolfes, Scheib und Stangl aus. Das Vorhaben gerät in eine ernste Krise.
Nach Durchführung eines dreistufigen Colloquiums, auf dem internationale Experten das Projekt und den Standort zum Teil äußerst kontrovers diskutieren, verständigen sich die drei Auslober (Förderkreis, Bund und Land Berlin) darauf, an der Konzeption des Denkmals für die ermordeten Juden Europas und am vorgesehenen Standort in den ehemaligen Ministergärten festzuhalten. Sie beschließen, dafür ein neues, engeres Wettbewerbsverfahren einzuleiten sowie eine fünfköpfige Findungskommission einzusetzen. Für dieses Verfahren werden 25 zum Teil international bekannte Architekten und Bildhauer eingeladen.
Die Findungskommission empfiehlt die Entwürfe von Peter Eisenman/Richard Serra (New York) und Gesine Weinmiller (Berlin). Die Auslober übernehmen diese Empfehlung und schlagen ergänzend die Entwürfe von Jochen Gerz (Paris) und Daniel Libeskind (Berlin) vor.
In der intensiven öffentlichen Debatte über das Projekt und die ausgestellten Arbeiten schält sich der Entwurf von Eisenman/Serra als Favorit heraus. Auf Anregung von Bundeskanzler Helmut Kohl wird der Entwurf von Eisenman/Serra überarbeitet.
Der überarbeitete Entwurf (»Eisenman II«) wird von Peter Eisenman vorgelegt, nachdem der Bildhauer Richard Serra sich wegen der von Bundeskanzler Dr. H. Kohl geforderten Überarbeitung aus dem Projekt zurückgezogen hat. Wegen des bevorstehenden Bundestagswahlkampfes kommt es nicht mehr zu weiteren Entscheidungen.
Die neu gewählte Bundesregierung von SPD und Grünen beschließt in ihrer Koalitionsvereinbarung, die Entscheidung über das Denkmal vom Deutschen Bundestag treffen zu lassen.
Der neue Staatsminister für Kultur und Medien, Michael Naumann, plädiert an Stelle des Denkmals für ein Bibliotheks- und Forschungszentrum, einem »Haus der Erinnerung«. Er präsentiert zusammen mit dem Architekten Peter Eisenman der SPD-Fraktion einen erneut modifizierten Entwurf (»Eisenman III«). Er bekommt dafür keine Zustimmung.
Nach mehreren Anhörungen und Ausstellungen beschließt der Deutsche Bundestag nach mehrstündiger Debatte mit großer Mehrheit, ein „Denkmal für die ermordeten Juden“ nach dem Entwurf eines Stelenfelds von Peter Eisenman (»Eisenman II«) auf dem vorgesehenen Standort zu errichten. Es soll um einen »Ort der Information« über die zu ehrenden Opfer und die authentischen Stätten des Gedenkens ergänzt werden. Für die Umsetzung des Bundestagsbeschlusses wird eine Stiftung eingesetzt.
Auf dem Denkmalgelände wird der symbolische Baubeginn gefeiert.
Das Kuratorium der neu gegründeten »Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas« wählt unter Vorsitz von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse die Politologin Sibylle Quack zur Geschäftsführerin. Gleichzeitig wird eine Arbeitsgruppe aus den Reihen des Kuratoriums eingesetzt, die eine Grundkonzeption für den Ort der Information erarbeitet (zu ihren Mitgliedern zählen Prof. Dr. Eberhard Jäckel, Dr. Andreas Nachama, Prof. Dr. Reinhard Rürup und die Geschäftsführerin, Dr. Sibylle Quack).
Das Kuratorium beauftragt den Architekten Professor Peter Eisenman mit einer Machbarkeitsstudie für einen unterirdischen Ort der Information.
Der Deutsche Bundestag bewilligt auf Grundlage der von Architekt und Stiftung vorgelegten Kostenschätzung die Summe von 26,3 Millionen Euro für den Bau des Denkmals (Stelenfeld und Ort der Information) sowie von 2,3 Millionen Euro für den Ausstellungsbau und die Erstausstattung des Orts der Information.
Als Ergebnis eines engeren Auswahlverfahrens beauftragt die Stiftung die Berliner Ausstellungsgestalterin Dagmar von Wilcken mit einem Gestaltungskonzept für den Ort der Information.
Auf dem Baugelände werden die ersten Probestelen aufgestellt.
Die Stiftung veranstaltet ein internationales Symposium zu Denkmal und Ort der Information mit Historikern, Museumspädagogen, Kunsthistorikern und Architekturtheoretikern.
Bauvorbereitende Maßnahmen auf dem Baugrundstück.
Nach Abschluss aller wesentlichen Ausschreibungen und Auswertung der Angebote werden die Aufträge für den größten Teil des Bauvolumens erteilt, darunter die Stelen, der Rohbau des Orts der Information und die Pflasterarbeiten.
Im Frühjahr 2003 beginnt der Bau des Denkmals. Gleichzeitig wird am Bauzaun des Baugeländes ein Informationspodest aufgestellt.
Abschluss der Betonagearbeiten für die Bodenplatte des Orts der Information.
Nach Montage der ersten Stelen führt die öffentliche Diskussion über die Verwendung von Produkten der Firma Degussa bei der Herstellung der Stelen zu einem Beschluss des Kuratoriums, den Einsatz dieser Produkte sowie mögliche Alternativen zu überprüfen. Nach Vorlage eines detaillierten Prüfberichts entscheidet das Kuratorium im November, dass der Bau des Denkmals mit den Produkten der Firma Degussa fortgeführt wird.
Die Jugendwebseite der Stiftung »Kinder und Jugendliche als Opfer der NS-Verfolgung« geht online.
Nach dem Ausscheiden von Prof. Sibylle Quack übernimmt Dr. Hans-Erhard Haverkampf das Amt des Geschäftsführers.
Anlässlich der Fertigstellung der Kassettendecke des unterirdischen Orts der Information und der Montage der Hälfte der insgesamt 2.711 Stelen wird in Anwesenheit des Architekten das Richtfest gefeiert..
Die im Sommer des Jahres umgestaltete Webseite der Stiftung wird mit dem silbernen »Biene-Award« der Aktion Mensch für barrierefreies Internet in der Kategorie »Kultur und Gesellschaft« ausgezeichnet.
Nachdem Dr. Hans-Erhard Haverkampf in den Ruhestand geht, bestellt das Kuratorium Uwe Neumärker zum Geschäftsführer.
Feierliche Eröffnung des Denkmals mit 1.200 Gästen aus dem In- und Ausland; das Ereignis wird live auf ARD, ZDF und Phoenix übertragen.
Übergabe des Denkmals an die Öffentlichkeit; bis Ende 2005 besuchen etwa 350.000 Gäste den Ort der Information.
Peter Eisenmans „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ erhält in New York die renommierte Auszeichnung der US-Zeitschrift »Travel and Leisure« im Bereich »Kulturbauten/Kulturelle Räume«.
Anlässlich des ersten Jahrestages der Übergabe des Denkmals an die Öffentlichkeit zieht die Stiftung eine durchweg positive Bilanz: geschätzte 3,5 Millionen Menschen waren im Stelenfeld und über 500.000 im Ort der Information.
Lea Rosh erhält für ihre Initiative „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Das Holocaust-Denkmal erhält renommierten »Honor Award for Architecture« des American Institute of Architects (AIA). Dieser Preis gilt als höchste Anerkennung für Architektur in den USA und zählt weltweit zu den bedeutendsten Auszeichnungen in diesem Bereich.
Konzert im Stelenfeld. Über 2.500 Besucher folgten der Einladung des Förderkreies Denkmal für die ermordeten Juden Europas und erlebten eine einzigartige Welturaufführung direkt im Stelenfeld. Harald Weiss schrieb eigens für dieses Vorhaben ein komponiertes Werk. Dirigiert wurde es von Lothar Zagrosek. Denn am 10. Mai 2008 jährte sich zum dritten Mal die Eröffnung des "Denkmals für die ermordeten Juden Europas" im Herzen Berlins.
Start der Spendenkampagne für den Raum der Namen. „Nie aufhören anzufangen!“
"...erst das Vergessen vollendet die Vernichtung der Opfer!"
Auch prominente Botschafter wie Iris Berben, Anne Will, Angelika Domröse, Michael Verhoeven, Prof. Peter Raue und Heinrich Haasis setzen sich für die Spendenkampagne zum Raum der Namen ein. Ziel ist es, Spendengelder für die Erstellung weiterer Hör-Biographien für den Raum der Namen zu ermöglichen. Der Raum der Namen ist der dritte Raum der Dauerausstellung unterhalb des Stelenfeldes.Dieser Ausstellungsteil ist den individuellen Lebensgeschichten von Opfern des Holocaust aus ganz Europa gewidmet. Im Gegensatz zu den anderen Ausstellungsräumen wird hier vollständig auf Bildmaterial verzichtet. Eine Hör -Biographie zu erstellen kostet durchschnittlich € 60.-.
Charity Dinner für den Raum der Namen. Zum dritten Mal lud der Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e.V. zu einem Fundraising in das dem Denkmal benachbarte Hotel Adlon ein. Zusammen mit dem Förderkreis waren wieder der Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert und der Kulturstaatsminister Bernd Neumann die Gastgeber. Beim festlichen Benefizabend für den „Raum der Namen“ hielt die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel die Tischrede. Dies ist stets bedeutenden politischen Persönlichkeiten vorbehalten, zuletzt dem Altkanzler Dr. Helmut Kohl und Avi Primor, dem ehemaligem Botschafter Israels in Deutschland. Der Spendenerlös betrug 100.000 Euro.
Fundraising Dinner gegen das Vergessen. Europas-Zehntausendste Biografie wurde von der Schauspielerin und Raum der Namen Botschafterin Iris Berben präsentiert. Der Förderkreis richtete am 22. Oktober 2009 im Hotel Adlon zum vierten Mal das festliche Fundraising Dinner für die Spendenkampagne zum "Raum der Namen" aus. Die traditionelle Tischrede hielt der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück.
Bürgerfeier und Ausstellungseröffnung zum Jubiläumsjahr "5 Jahr Denkmal - 20 Jahre Förderkreis".
Der Förderkreis hatte alle Berlinerinnen und Berliner zu einer Bürgerfeier am 5. Mai 2010 an den Ort des Denkmals eingeladen. Viele sind der Einladung gefolgt und begleiteten bei sonnigem Wetter die Auftaktveranstaltung. Mit dabei waren auch prominente Unterstützer, die u.a. als "Zurufer" den Auftakt des Jubiläumsjahres begleiteten. In kurzen „Zurufen“ hatten Impulsgeber der Denkmalsdebatte der letzten 20 Jahre sich zu Wort gemeldet, darunter auch die Initiatoren Lea Rosh und Prof. Eberhard Jäckel. „Zurufer“ waren Wolfgang Thierse, Peter Raue, Christoph Stölzl, Eberhard Diepgen, Elke Leonhard, Sibyll Klotz, Klaus Wagenbach, Lala Süßkind, Andreas Nachama und Edzard Reuter.