Offener Brief: Gegen jeden Antisemitismus!
Dieser Brief ist im Namen aller unterzeichnenden Personen und Organisationen geschrieben worden.
Mit zunehmender Sorge und Irritation beobachten wir eine seit Wochen laufende Kampagne gegen Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, der wiederholt in ungerechtfertigter, ehrabschneidender und inakzeptabler Weise angegriffen wurde.
So z.B. geschehen in einem offenen Brief von 60 Personen, der Ihnen in den letzten Tagen zugegangen sein dürfte: Sie kritisieren den Überbringer der schlechten Nachrichten und diffamieren ihn.
Um Kurt Tucholsky zu zitieren: "Im Übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht."
Zudem wurde das Gerücht verbreitet, der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus habe die Publikation „Der neu-deutsche Antisemit“ von Arye Sharuz Shalicar finanziell gefördert. Tatsache ist, dass der Verlag „Hentrich & Hentrich“ keine Mittel hierfür erhalten hat.
Ebenso haltlos ist die Behauptung, die Meinungsfreiheit werde eingeschränkt, und zwar von Felix Klein. Wir stellen fest: Endlich wird angefangen, die verschiedenen Ausprägungen des Judenhasses zu erkennen und zu benennen. Deren Ursachen wurden noch nicht mal erwähnt, geschweige denn kritisiert.
Im Gegensatz dazu betonen wir, dass Antisemitismus sich in verschiedensten Formen Ausdruck verleiht. Er gehört zur kulturellen DNA Europas und ist im Stande, sich wie ein Chamäleon den gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen. Wenn heute „Kindermörder Israel“ skandiert wird, greift dies auf den mittelalterlichen Vorwurf zurück, Juden würden christliche Kinder töten, um aus deren Blut Mazzah (ungesäuertes Brot) zu Pessach herzustellen. Wenn heute von den „Rothschilds“ die Rede ist, dann rekurriert dies auf das Bild des „Wucherjuden“. Wer heute fordert, keine israelischen Waren zu kaufen, ist geistiger Erbe von „Kauft nicht bei Juden!“ der SA.
Es ist zynisch, den Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit für jene einzufordern, die nur eine „Friedenlösung“ für den Nahen Osten kennen: Die Vernichtung Israels.
Seit Jahren beobachten wir, dass die „Kritik“ an dem Handeln der israelischen Regierung als Vorwand genommen wird, judenfeindliche Ressentiments zu äußern und eine über alle gesellschaftlichen Milieus akzeptierte Form des Antisemitismus ist.
Es ist antisemitisch, Jüdinnen und Juden hier in Deutschland für die Handlungen der israelischen Regierung verantwortlich zu machen. Dies erleben Jüdinnen und Juden immer wieder, seit Jahrzehnten. Dabei ist die Behauptung, dass man Israel nicht kritisieren könne, bereits ein Teil des Ressentiments. Es gibt hierzulande keine Sprechverbote, dazu genügt der tägliche Blick in die deutsche Presse.
Wir wissen, dass der moderne Antisemit gelernt hat, seinen Judenhass sozial adäquat auszudrücken. Statt: „Ich hasse Juden!“ sagt er: „Ich hasse Israel!“
Nur wenn Antisemitismus in all seinen Ausprägungen erfasst und benannt wird, ist es möglich, diesen zumindest einzudämmen. Dies sehen wir durch die Arbeit von Dr. Felix Klein gewährleistet. Er engt den Begriff nicht auf eine politische Richtung ein, sondern benutzt ihn umfassend. Egal, ob Antisemitismus von Rechtsextremisten kommt, aus der Mitte der Gesellschaft, von islamischen Fundamentalisten oder von Linksradikalen.
Dr. Felix Klein leistet seit seiner Berufung eine hervorragende Arbeit und hat unsere volle Unterstützung und Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
(in alphabetischer Reihenfolge)
Adler, Dr., Elio, Vorsitzender der WerteInitiative. jüdisch-deutsche Positionen e.V.
Becker, Ulrike, Historikerin, Mideast Freedom Forum Berlin
Benjamin, Alex, Managing Director, Europe Israel Public Affairs
Blume, Dr., Michael, Beauftragter gegen Antisemitismus der Landesregierung Baden-Württembergs
Bradley, Oliver, OQB.Communications (EIPA / EJA - Germany)
Feilcke, Jochen, Vorsitzender der Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin und Brandenburg e.V.
Feuerherdt, Alex, Publizist, Köln
Gerczikow, Ruben, Vizepräsident der European Union of Jewish Students
German, Jakob, Vorstandsmitglied Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD)
Gerstetter, Avitall, Kantorin, Jüdische Gemeinde zu Berlin
Grinberg, Avital, Vorstandsmitglied Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD)
Grözinger, Dr., Elvira, Literaturwissenschaftlerin, Secretary of the International Board SPME, Stellv. Vorsitzende SPME Germany
Grözinger, Prof. em. Dr., Karl, Jüdische Studien, Universität Potsdam
Hammel, Jan Aaron, Geschäftsführer Jehi `Or Jüdisches Bildungswerk für Demokratie gegen Antisemitismus gUG (hb)
Hansen, Dr., Nikoline, stv. Vorsitzende des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA e.V.)
Jikeli, Dr., Günther, Indiana University Institute for the Study of Contemporary Antisemitism
Kirschnick, Dr., Sylke, Mitglied des Vorstandes SPME-Germany
Königsberg, Sigmount A., Beauftragter gegen Antisemitismus, Jüdische Gemeinde zu Berlin
Margolin, Menachem, Chairman European Jewish Association
Rensmann, Jörg, Politikwissenschaftler, Mideast Freedom Forum Berlin
Rickertsen, Liam, Synagogengemeinde Sukkat Schalom Berlin
Rosh, Lea, Vorsitzende des Förderkreises Denkmal für die ermordeten Juden Europas e.V.
Salomo, Ben, Rapper und Buchautor
Salzborn, apl. Prof. Dr., Samuel, Politikwissenschaftler, Justus-Liebig-Universität Gießen
Staroselski, Anna, Präsidentin der Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD)
Stawski, Sacha, Vorsitzender Honestly-Concerned e.V.
Süsskind, Lala, Gesellschafterin Jehi ʼOr« Jüdisches Bildungswerk für Demokratie – gegen Antisemitismus gUG, Vorstand WIZO-Berlin e.V.
Thiele Dr. des., Anja, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena
Toprak, Ali Ertan, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland (BAGIV)
Umanski, Lars, Vizepräsident der Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD)
Organisationen
Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin und Brandenburg e.V.
European Jewish Association
Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e.V.
Honestly Concerned e.V.
Jehi `Or Jüdisches Bildungswerk für Demokratie gegen Antisemitismus gUG (hb)
Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD)
Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) e.V.
Mideast Freedom Forum Berlin
Respect & Remember Europe e.V.
Synagogengemeinde Sukkat Schalom Berlin
WerteInitiative. jüdisch-deutsche Positionen e.V.
Kontakt: Sigmount Königsberg, Dialog@jg-berlin.org