Der Schauspieler Götz George im Dokudrama "George"

Aus Scheiße wird kein Gold
(29. Juli 2013, ein Kommentar von Volker Kühn)

Menschen gibt es - so ne und so ne. Das war schon immer so. Als Hitler im Januar 1933 die Macht übergeben wurde und seine braunen SA-Kolonnen zur Feier des Tages laut grölend durchs Brandenburger Tor stiefelten, wandte sich in seinem Atelier am Pariser Platz der jüdische Maler Max Liebermann  angeekelt ab: "Ick kann jar nich so ville fressen, wie ick kotzen möchte.

" Der Schauspieler Heinrich George, ein anderer Promi jener Jahre, der sich bis dato als linksengagierter Bühnenkünstler zu erkennen gegeben hatte, witterte dagegen das Heraufkommen einer neuen Zeit, die er nicht zu verpassen gedachte. Also diente er sich in einer Ergebenheitsadresse an Joseph Goebbels den neuen Machthabern an:
"Ich muß, verzeihen Sie die Kühnheit, Ihnen sagen, daß ich, wie von einem Alp befreit, aufgeatmet habe, als unser Führer, unser großer Volkskanzler und seine Regierung, der Welt wieder einmal in klarer, göttlicher Eindeutigkeit die Antwort auf scheinbar Unlösbares gegeben hat und somit den ersten Spatenstich in die Herzen von Millionen unerweckter Volksgenossen diesseits und jenseits der Meere tat."


Das ist nun 80 Jahre her und längst Geschichte. Eine traurige, bittere, die uns Nachgeborene heute noch den Atem darüber stocken läßt, was da in deutschem Namen geschah.

Die Berliner Initiative "Zerstörte Vielfalt" erinnert in Ausstellungen und Veranstaltungen
daran, mit welcher Brutalität die Nazis damals jüdische Mitbürger und politische Gegner aus dem Lande oder in den Tod in der Gaskammer trieben.
Götz George, der als Tatort-Kommissar Schimanski populär gewordene Schauspieler, hat nun ein Dokudrama ("George") gedreht, das zu seinem 75. Geburtstag im Fernsehen gezeigt wurde.

Dabei geht es um das Leben und Sterben des ebenso berühmten wie umstrittenen Bühnenstars Heinrich George (1893-1946). Von Hitler auf die Liste der "Gottbegnadeten" gesetzt, spielte der als Generalintendant, NS-Reichskultursenator und höchstbezahlter Star-Schauspieler von Nazis Gnaden eine Sonderrolle im Kulturbetrieb des Dritten Reiches. Er drehte eine Reihe rassistischer Propagandastreifen und Durchhaltefilme ("Hitlerjunge Quex", "Jud Süß", "Kolberg").


Sohn Götz will, wie es  in der Presse heißt, seinen Vater Heinrich "reinwaschen". Denn der werde "zu Unrecht als NS-Schauspieler" eingestuft. Der vaterfixierte Sohn, inzwischen selbst in die Jahre gekommen, in denen man mit Abstand über sich und die Welt nachdenkt, will das so nicht stehen lassen. So kämpft er vergebens wie Don Quijote gegen die Windmühlen der geschichtlichen Wahrheit an, der sich selbst Heinrichs enge Freunde nicht verschließen konnten.


Von Veit Harlan,dem berüchtigten Regisseur des antisemitischen Hetzfilms
"Jud Süß", ist der Satz überliefert: "Mein Freund Heinrich George war fraglos dem Nationalsozialismus am ehesten zugewandt".


Der Dramatiker Carl Zuckmayer, mit dem der Schauspieler einst eng befreundet war, ging zu ihm mehr und mehr auf Distanz und ordnete ihn 1942 in einem "Geheimreport" für den US-Geheimdienst der Gruppe der "Nazis, Anschmeisser, Nutzniesser, Kreaturen" zu: "Jählings von einem Tag auf den anderen wandelte er seine wildkommunistisch revolutionäre Gesinnung in ebenso raserischen Nationalsozialismus". 

Bert Brecht und Lion Feuchtwanger schrieben ihm aus dem Exil Offene Briefe,
in denen sie ihn beschworen – vergeblich. Stattdessen läßt der sich von Goebbels bescheinigen: "Der Führer hat für George die größte Hochachtung". Und zu Weihnachten 1944 notiert sich der Pro-Mins Tagebuch: "George ist immer noch der alte Kämpfer für unsere Sache, der auf Gedeih und Verderb mit uns geht."

Die vergebliche Denkmalpflege des Filius, der bekennt, Politik interessiere ihn nicht, auch fehle ihm dafür als Schauspieler die Zeit, hat etwas Rührendes und zugleich etwas von unbelehrbarem Altersstarrsinn.
Wie ist in Zeiten, in denen rechtsextremistisches Gedankengut schon wieder mit Mord und Totschlag einhergeht, einer zum kindskopfnaiven Mitläufer umzustilisieren, der seinem "Führer" nach dem Attentat vom 20. Juli 44 ein Glückwunschtelegramm zukommen läßt und noch im April 1945, als Deutschland längst in Schutt und Asche lag, einen Durchhalte-Appell absondert, in dem er von der Notwendigkeit spricht,"bis zuletzt zu kämpfen."


Nein. Aus Scheiße wird nun mal kein Gold. Heinrich George hat den Teufel am Schwanz geküßt.
Dabei blieben ein paar braune Flecken auf der Weste zurück. Und die wäscht ihr – bleibt Persil auch noch so sehr Persil - kein warmer Mitleidsregen mehr ab.
Man sollte diesem Mann endlich den wohlverdienten Frieden lassen, in dem er seit über 65 Jahren nun ruht. Für einen, der das Geschichtsbild der Deutschen auf den Kopf stellen könnte, ist er das ungeignete Objekt.
(Ein Kommentar von Volker Kühn 29. Juli 2013)